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Kommen wir auf den “Punkt-Reise”, Herr Rogl!

Von Roland Delion: In der letzten fvw wurden die Leser zu der neuen Top Level Domain (TLD) .reise informiert (Ausgabe 08/11 S. 14). Unter der Überschrift “Eine teure .reise” wird in Frage gestellt, ob im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Internet-Adressen-Endung .reise ein echtes Bieterrennen zustande kommt. Zugegebenermaßen könnte es sein, dass keines zustande kommt. Doch geht es nur um den Preis?

Das Internet ist eng geworden. Aussagekräftige Domains bei den länderspezifischen Domains, wie .de oder .at gibt es nur noch wenige. Nicht erst seit gestern versuchen verschiedene Interessengruppen die Vergabestelle für Internet-Adress-Endungen, die ICANN in Kalifornien, zu bewegen. Das relativ starre Korsett der länderspezifischen Domains soll geöffnet werden und neben den 20 weiteren TLDs (.com und Co) sollen auch gesponsorte und generische TLDs zugelassen werden. Die Top Level Domain .xxx wurde laut ZDNet als erste vor einigen Wochen von der ICANN verabschiedet. Mit ihr sollen pornografische Inhalte vermarktet werden. Weitere TLD-Gesellschaften stehen in den Startlöchern. Dotshop hat bereits 2009 umgerechnet ca. 850 Tausend Euro in die Hand genommen, um sich die Rechte an der TLD .shop zu sichern. Bei erfolgreicher Bewerbung sind jährlich ca. 100 Tausend Euro an Gebühren an die ICANN zu zahlen. Zusammen gerechnet ist eine Bewerbung um eine TLD ein großes Wagnis. Erste Bewerbungsversuche zu der .xxx TLD liegen bereits elf Jahre zurück. Auch wenn die Realisierung der TLD .reise bei der ICANN  sicher nicht so lange dauern wird, so ist auch mit dieser Bewerbung ein Risiko verbunden.

Weshalb sollte das Risiko auch von der Branche getragen werden? Marken, wie Alltours, lassen sich mit der neuen TLD besser unter www.alltours.reise vermarkten! Die Endverbraucher lassen sich schon jetzt von zweckentfremdeten TLD gerne leiten. So gibt es zum Beispiel für Radiostationen .fm (www.laut.fm) und für Fernsehstationen .tv (www.fcstpauli.tv). Welche Alternative hat die Reisebranche zu Dotreise?

Ohne ausreichende Unterstützung wird .reise vielleicht gar nicht an den Start gehen! Global Player der Touristikbranche sichern sich ihre eigene TLD, wie z.B. .tui und .cook. Die Mittelständischen können keinen hohen sechs stelligen Betrag für einen eigenen Namensraum auf den Tisch legen und schauen in die Röhre. Gesponserte TLDs mit Domains wie www.euro.disney (TLD .disney ist bereits vom Konzern beantragt) oder www.thomas.cook sprechen Endverbraucher einfach besser an. In anderen Branchen werden künftig ebenfalls generische TLD verwendet. Wir werden uns an www.mcdonalds.oslo und kfz-haftpflicht.versicherung gewöhnen. Es wäre schon blöd, wenn die deutschsprachige Reisebranche keine entsprechende Endung zu bieten hat. Vielleicht hat gerade deswegen Klaus Laepple die Schirmherrschaft für das Projekt übernommen.

Zugegeben: Im Vergleich zu manchem .de-Domainpreis ist der Sponsoringbetrag von 1500 Euro wirklich hoch. Wie immer im Leben gibt es allerdings Wege und Mittel, in diesem Fall, um die Gebühr zu senken. In Rahmenverträgen können zum Beispiel Kooperationsmitglieder günstiger Sponsor werden. Reiseveranstalter vom Aktiv-Reise.Netz unterstützen das Projekt mit nur 990 Euro. Bei der Masse ist damit beiden geholfen. Die Dotreise GmbH kann ihre sechs stelligen Auslagen begleichen und kleinere Reiseveranstalter erhalten ihre Wunschdomain, wie zum Beispiel www.playa-de-mallorca.reise. Damit kontern sie den konzerneigenen TLDs und stehen immer noch moderner da, als solche mit der alten .de Domain. Sicherlich wird die Dotreise auch weiteren Kooperationen ähnliche Zusagen machen können. Dazu müsste allerdings erst mal die aktuelle Marktsituation und das Prinzip klar sein.

Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die hohen Preise nicht von der Dotreise GmbH, sondern von der ICANN kommen. Aus Marketingsicht scheint eine Diskussion über .reise sinnvoll; aus Preis-taktischen Gründen auch. Das Aktiv-Reise.Netz als SEO-Agentur ist gespannt darauf, wie Suchmaschinen auf die Flut neuer Domains aus den vielen Branchen und Staaten reagieren wird. de-Domains könnten in ein paar Jahren der Touch des Uncoolen; des Alten; dessen vom Anfang des Jahrtausend anhaften. Ohne Dotreise könnte die gesamte Reisebranche uncool und alt dastehen. Wollen wir das?

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