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500 Tausend Euro Investment in die Reisebranche. Ein Interview über die Hintergründe.

Im Zug nach Berlin traf ich gestern den Mann, der aktuell eine halbe Million Euro in die Infrastruktur der Tourismusbranche investiert. Im Speisewagen bei einem frisch gebrühten Kaffee erzählte er mir, wie es dazu kam.

Aktiv-Online: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Domainendung.reise für die Tourismusbranche zu initiieren?

Axel Schwiersch: 13 Jahre führte ich eine Online Marketing Unternehmen der Finanzbranche. Mein damaliger Netzwerkadministrator kam Anfang 2010 zu mir. Er sagte mehr zum Scherz, dass bald die neuen Top Level Domains vergeben werden und dass wir uns darum bewerben könnten. Mich packte der Ehrgeiz, verkaufte mein gut funktionierendes Unternehmen gewinnbringend und bewarb mich Anfang 2012 mit einem neu gegründeten Unternehmen bei der zuständigen Internetverwaltungsorganisation ICANN um die Top-Level-Domains .versicherung, .immo und .reise. Allein die nicht erstattungsfähige Bewerbungsgebühr betrug 185 Tausend Dollar pro TLD.

Aktiv-Online: Was erwarten Sie von der neuen Top Level Domain .reise?

Axel Schwiersch: Zunächst für die Branche einen enormen Schub an neuen Services. Und vor allem leichtere  Auffindbarkeit von speziellen Angeboten. Die Domainnamen können intuitiver werden.

Ein Beispiel: Letztens sah ich einem renommierten Nachrichtenmagazin eine ganzseitige Anzeige über die Destination Antalya, mit fröhlichen Menschen, drei bis vier Schlagworten, weshalb man dorthin fahren sollte und einer URL Adresse www.goturkey.com/de/pages/read/antalya.

Im Vergleich dazu sagt eine prägnante Domain wie www.antalya.reise bereits drei Dinge von sich aus, bevor die Seite überhaupt aufgerufen wird:
1.    Die Inhalte sind Reise- und Tourismusthemen.
2.    Es geht um Antalya.
3.    Die Sprache ist Deutsch.

Solche, selbst sprechenden Domains lassen sich bestens im Offline-Marketing verwenden.

Aktiv-Online: Teile der Tourismusbranche reagieren zurückhaltend auf die neuen Möglichkeiten mit .reise. Vor allem negative Erfahrungen mit der Einführung der .travel werden dabei angeführt. Was unterscheidet die damalige Situation von der heutigen?

Axel Schwiersch: Heute ist es ein ganz anderes Spiel. Es werden nicht eine neue Top Level Domain eingeführt, sondern global über 1400 binnen eines Jahres. Viele wichtige Branchen bekommen einen eigenen, exklusiven „Kontinent im World-Wide-Web“: Die Musikwirtschaft .music, der Sport .sport und die Banken .bank. Google hat sich für rund 100 Namensräume beworben, wie zum Beispiel für .blog, .web, .gmbh, .app und .film.

Damit steht fest, dass die neuen Domainendungen auf jeden Fall in den Suchmaschinenergebnissen sichtbar werden. Denn Google wird auf jeden Fall seine eigenen neuen Namensräume in den Suchmaschinenergebnissen sichtbar machen.

Aktiv-Online: Sie meinen, wenn der Suchmaschinengigant den Algorithmus ändern muss für seine neuen Endungen, wird er das auch für die anderen Endungen tun?

Axel Schwiersch: Ja, davon bin ich überzeugt. Google optimiert seinen angeblich rund 200 Bewertungsfaktoren umfassenden Algorithmus ohnehin regelmäßig.

Was die Resonanz in der Tourismusbranche angeht, so erleben wir extrem viel positiven Zuspruch. Aber Sie haben Recht, es gibt auch konservative Bedenken.

Aktiv-Online: Wann können Reiseveranstalter die neuen .reise-Domains verbindlich registrieren?

Axel Schwiersch: Aktuell liegen über 21 Tausend unverbindliche Vorbestellungen alleine bei dem Registrar United-Domains vor. Andere Registrare wie zum Beispiel 1&1  nehmen ebenfalls bereits Vorbestellungen zu .reise-Domains entgegen. Zum Start von .reise  im Mai 2014 werden die Registrare dann versuchen, aus den Vorbestellungen Registrierungen zu machen. Hier gilt dann das „first come, first served“ Prinzip.

Aktiv-Online: Sie realisieren neben .reise auch .versicherung und .immo. Was bedeuten diese Projekte für Sie persönlich?

Axel Schwiersch: Ich erlebe einen spannenden, sehr internationalen Job, der mich ins Gespräch mit interessanten Menschen bringt und mir viel Gestaltungsfreiheit und Freude bereitet. Eine gewisse Technikaffinität und natürlich diplomatisches Geschick sind sicher auch hilfreich. Denn bei der Gestaltung der Internet-Infrastruktur wollen alle mitreden: NGOs, Lobbyisten, Verbraucher, Verbände, kirchliche und religiöse Organisationen und nicht zuletzt Regierungen und die EU.

Aktiv-Online: Herr Schwiersch. Erlauben Sie uns zu guter Letzt eine private Frage?

Axel Schwiersch: Ja, gerne.

Aktiv-Online: Wie haben Sie Ihren letzten Urlaub verbracht?

Axel Schwiersch: Nach der letzten ICANN Sitzung in Durban fuhr ich zusammen mit meiner Freundin mit einem Mietwagen durch Südafrika Richtung Norden, auch durch Swasiland. Wir übernachteten in kleinen, gemütlichen Lodges. Auf der Suche nach den Big Five besuchten wir mehrere Nationalparks. Von Jo’burg ging es zurück nach Deutschland. Ein Spezialveranstalter hat alles organisiert.

Aktiv-Online: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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